Wie sehen Sie die Welt im Jahr 2050 und was wünschen Sie sich?
Wir befinden uns 2050 in einem Wettrennen um Nachhaltigkeit. Die Menschen leben mehr und mehr in Städten, die meisten Prozesse unseres Lebens sind automatisiert und digitalisiert. Die
Städte sind voll mit Solarzellen, Begrünungen und Bepflanzungen. Die Mobilität ist zwischen den Menschen geteilt, Angebote wie Car- und Ridesharing sind nicht mehr aus dem Alltag
wegzudenken. Roboter sind ein normaler Teil unserer Industrie und die Firmen leben automatisch in einer Kreislaufwirtschaft ihrer Produkte. Die Angebote in der Pflege und
medizinischen Versorgung sind ausgebaut und werden noch mehr wertgeschätzt. Denn die Bevölkerung der meisten Industriestaaten ist 2050 geschrumpft, gleichzeitig altert sie und lebt
länger.
Das, was uns nährt, sind allerdings weiterhin persönliche Begegnungen, ohne digitale Unterstützung, aber mit Berührung, Nähe und Intimität. 2050 wird es mit Blick auf die
Digitalisierung und Automatisierung noch wichtiger, ehrliche und intensive Beziehungen zu leben.
Ich wünsche mir eine Gesellschaft, die keine Angst vor der Zukunft hat, sondern sie mit kollektiver Kraft gestalten möchte: nachhaltig, visionär, gemeinschaftlich, innovativ,
technisch unterstützt und verbindend. Dazu möchte ich zum Beispiel mit meiner Firma Ten More In beitragen.
Warum macht die Zukunft ein anderes Wirtschaften notwendig?
Marshall Goldsmith brachte es auf den Punkt: “What got us here, won’t get us there.” Als meine Mutter 1950 geboren wurde, waren wir zwei Milliarden Menschen. In 2050 sind wir fast
zehn Milliarden. Von einer leeren in eine volle Welt. Wir wollten die Natur bezwingen, da sie so allumfassend war und jetzt löschen wir sie fast aus. Außerdem leben wir zwar länger,
aber sind nicht unbedingt zufriedener. Wir sehen es an mentalen Erkrankungen, die auf einem Allzeithoch sind. Deshalb müssen wir anders führen und wirtschaften. Es gilt, mutiger,
menschlicher und diverser an Entscheidungen ranzugehen.
Erzählen Sie uns bitte von einem Schlüsselerlebnis, das Ihre Weltanschauung verändert hat.
Wahrscheinlich klassisch - aber trotzdem wahr - hat die Geburt meiner Kinder mein Leben verändert: Vom Ich zum Wir, vom Nehmen zum Geben, vom Jetzt zur Zukunft, vom Nutzen zum
Investieren, von der Schnelligkeit zum Zeit nehmen, vom Verbrauch zum multiplen Gebrauch, von der Strategie zur Intuition, von den Zahlen zu den Emotionen, vom Hypergrowth zum
nachhaltigen Wachstum.
Was sind die für Sie wichtigsten Parameter der qualitativen Ökonomie?
Die qualitativen Parameter der Ökonomie, die mir besonders wichtig sind, umfassen vor allem die unternehmerische Verantwortung für ökologische, ökonomische und soziale Auswirkungen.
Unternehmen sollten sich bewusst sein, wie ihre Handlungen die Umwelt, die Gemeinschaft und die Wirtschaft beeinflussen und entsprechende Maßnahmen ergreifen, um diese Auswirkungen
positiv zu gestalten.
Es ist auch entscheidend, dass wir in einer qualitativen Ökonomie die Ressourcen mehr achten, als sie zu verbrauchen und nachhaltige Praktiken fördern. Das Ziel ist eine positive
Bilanz, insbesondere in Bezug auf den Einfluss auf Mensch und Natur. Diese Parameter bieten eine klare Perspektive darauf, wie wir eine nachhaltige und ethische Wirtschaft schaffen
können, bei der der wirtschaftliche Erfolg nicht auf Kosten von Mensch und Natur erzielt wird.
Was sollten wir tun und was sollten wir lassen, um qualitative Ökonomie zu schaffen?
Wir sollten es lassen, andere zu verurteilen und auszuschließen, und stattdessen auf positive Beispiele setzen. Statt Schuldzuweisungen und Verboten sollten wir Menschen dazu
ermutigen, sich aktiv zu beteiligen und Lust auf nachhaltiges Wirtschaften machen. Es ist wichtig, eine Kultur zu schaffen, in der das Teilen von Erfahrungen und das Zeigen von
Fehlern willkommen sind, um daraus zu lernen. Schließlich sollten wir die qualitative Ökonomie als etwas betrachten, das Freude macht, indem wir positive Anreize schaffen und Menschen
ermutigen, an diesem Wandel teilzuhaben.