Wie sehen Sie die Welt im Jahr 2050 und was wünschen Sie sich?
Ich wünsche mir, dass meine Zwillingsmädchen – die dann 30 Jahre alt sein werden – auf unsere heutige Zeit zurückblicken und fast nicht mehr glauben können, dass die Welt noch in
ihrer Kindheit an solch zerstörerischen Geschäftsmodellen und einem, den Planeten extrahierenden Modell festgehalten haben. Ich wünsche mir, dass zu dieser Zeit Werte wie Empathie,
Demut und Respekt - sowohl untereinander, wie auch gegenüber dem Planeten und seiner Bio-Geosphäre - eine zentrale Rolle spielen und erfolgreiche Geschäftsmodelle die Welt in
ihrer Lebendigkeit wieder stärken: Also Regeneration als höchstes Maß allen ökonomischen Handelns.
Warum macht die Zukunft ein anderes Wirtschaften notwendig?
Wir haben verlernt, die Grenzen innerhalb derer wir stabil funktionieren, zu erkennen und respektieren. Das gilt sowohl für die ökologischen wie leider auch oftmals psychologischen
oder sozialen Grenzen.
Erzählen Sie uns bitte von einem Schlüsselerlebnis, das Ihre Weltanschauung verändert hat.
Es war ein Studium Generale Vortrag des Club of Rome Mitglieds Prof. Dr. Radermacher. Der Vortrag war aus heutiger Sicht ein „Schwarzes Schwan Ereignis“. Ich war damals Student und
besuchte den Vortrag eigentlich mit dem Gedanken, Punkte für ein Zertifikat zu erhalten. Als ich den Vortrag verließ, spürte ich ein Feuer der Leidenschaft für Gerechtigkeit und
Respekt vor dem Leben in mir brennen, das bis heute anhält.
Was sind die für Sie wichtigsten Parameter der Qualitativen Ökonomie?
Die Frage, was Lebendigkeit generiert. Lebendigkeit in uns, anderen Menschen, wie auch die Lebendigkeit in der Natur. Es gilt die planetaren Grenzen als sicheren Handlungsrahmen für
unsere Spezies zu schützen, besser noch die Regenerationsfähigkeit des Planeten und seiner Erdsysteme wieder zu erhöhen. Innerhalb dieser Grenzen ist Wachstum ‚grenzenlos‘.
Gleichzeitig gilt es zu identifizieren, was für unser Wohlbefinden essentiell ist und dies dann mit entsprechenden Indikatoren – gleichwertig zu einem
‚innerhalb-ökologischer-Grenzen-BIP‘ als Parameter für unser Streben heranzuziehen. Auch wir Menschen hören irgendwann auf, körperlich zu wachsen, innerliches Wachstum ist jedoch
grenzenlos. So gesehen steckt unsere Ökonomie vielleicht gerade in einer Pubertät; weniger quantitatives Wachstum, dafür mehr in der Qualität.
Was sollten wir tun und was sollten wir lassen, um Qualitative Ökonomie zu schaffen?
Lassen sollten wir fast alles, was bisher als völlig normal gilt: ‚Feuer zu machen‘, um Energie zu erzeugen, die Extraktion des Planeten voranzutreiben, um Produkte herzustellen, die
nicht auf Langlebigkeit ausgelegt sind und Kapital in Bereichen zu akkumulieren, in denen weder das Wohl der Menschen noch des Planeten im Vordergrund stehen.
Im Umkehrschluss bedeutet das, dass konsequentes Vorantreiben erneuerbarer Energien, das Denken in Kreisläufen und die Wertschätzung – und entsprechende Kapitalverteilung – in
Bereichen wie Gesundheit, Pflege, Bildung und Kultur eine Qualitative Ökonomie ausmachen.