Wie sehen Sie die Welt im Jahr 2050 und was wünschen Sie sich?
Bis 2050 muss die Weltgemeinschaft die großen Probleme des Klimawandels, der Ernährung und des Zugangs zu Bildung und Gesundheitsversorgung gelöst haben. Die Wege dahin sind bekannt,
jedoch stehen die Interessen der Nationalstaaten und einzelner wirtschaftlicher Akteure der Realisierung immer wieder im Wege. Ich wünsche mir eine neue Stärkung der regelbasierten
Weltordnung und einen besseren Ausgleich zwischen der Notwendigkeit supranationaler Instanzen und effizienter Subsidiarität der Lösungsfindung.
Warum macht die Zukunft ein anderes Wirtschaften notwendig?
Die Notwendigkeit eines künftig anderen Wirtschaftsansatzes resultiert aus den unzureichend berücksichtigten Kosten eines bloßen ‚Mehr‘, insbesondere in Bezug auf Ressourcenverbrauch
und Umweltauswirkungen. Dies hat zu einer Übernutzung natürlicher Ressourcen und zu Umweltproblemen geführt. Zusätzlich stellen eine wachsende Anzahl von Anspruchsgruppen, darunter
Verbraucher, Investoren und Regulierungsbehörden, neue Anforderungen an wirtschaftliche Akteure in Bezug auf Nachhaltigkeit und soziale Verantwortung. Schließlich zwingt die
Endlichkeit natürlicher Ressourcen zu einem nachhaltigeren Umgang und einer verstärkten Betonung von Ressourceneffizienz und erneuerbaren Energien, um die Bedürfnisse der heutigen
Generation zu erfüllen, ohne die Möglichkeiten künftiger Generationen zu gefährden. Dies führt zu einem notwendigen Wandel hin zu einem nachhaltigeren und verantwortungsbewussteren,
also qualitativen Wirtschaftsmodell.
Erzählen Sie uns bitte von einem Schlüsselerlebnis, das Ihre Weltanschauung verändert hat.
Mein fast zwanzigjähriges Engagement in der Entwicklungszusammenarbeit, insbesondere mit der Welthungerhilfe. Dieses nicht-situative Erlebnis hat mir ein tiefgreifendes Verständnis
für die globalen Herausforderungen vermittelt und mich dazu gebracht, unsere Verantwortung für den globalen Süden stärker anzuerkennen. Es hat meinen Blick auf soziale Gerechtigkeit,
Nachhaltigkeit und die Notwendigkeit von Solidarität und Hilfe für diejenigen in Not erheblich geschärft.
Was sind die für Sie wichtigsten Parameter der Qualitativen Ökonomie?
Die wichtigsten Parameter der Qualitativen Ökonomie sind für mich Nachhaltigkeit, Interdisziplinarität, kultureller Wandel in Unternehmen und die Verantwortung für kommende
Generationen.
Während Nachhaltigkeit schon heute stark an Bedeutung gewinnt, können wir durch die Förderung der Interdisziplinarität, also des Austauschs zwischen Wissensbereichen, um ganzheitliche
Lösungen zu finden, noch viel Potenzial ausschöpfen. Der kulturelle Wandel in Unternehmen betont die Bedeutung von Ethik, sozialer Verantwortung und einer positiven
Organisationskultur. Schließlich bringt dieser auch die Verantwortung für kommende Generationen mit sich, die Entscheidungen von heute so zu treffen, dass sie die Zukunft nicht
gefährden, sondern viel mehr die Bedürfnisse der nachfolgenden Generationen respektieren.
Was sollten wir tun und was sollten wir lassen, um qualitative Ökonomie zu schaffen?
Um Qualitative Ökonomie zu schaffen, sollten wir neue Relevanz- und Wertekriterien für unternehmerische Entscheidungen entwickeln und sicherstellen, dass sie bei allen
Stakeholder-Gruppen verankert sind. Das bedeutet, dass nicht nur finanzielle Gewinne, sondern auch soziale und ökologische Auswirkungen in die Entscheidungsprozesse einbezogen werden
sollten. Zudem ist es wichtig, den Dialog mit Kunden und Mitarbeitern zu fördern, um deren Bedürfnisse und Perspektiven besser zu verstehen und in die Geschäftsstrategie zu
integrieren.
Um Qualitative Ökonomie zu fördern, sollten wir gleichzeitig aufhören, jede Form von "greenwashing" zu betreiben. Insbesondere sollten Unternehmen authentisch handeln und aufhören,
irreführende Umweltaussagen zu treffen oder Nachhaltigkeit nur oberflächlich zu praktizieren, etwa um ein positives Image zu erzeugen. Stattdessen sollte Transparenz und Ehrlichkeit
in Bezug auf Nachhaltigkeitsbemühungen gefördert werden, um das Vertrauen der Verbraucher und anderer Stakeholder zu stärken und die tatsächliche Umsetzung von nachhaltigen Praktiken
sicherzustellen.