Wie sehen Sie die Welt im Jahr 2050 und was wünschen Sie sich?
Zirkuläre Wirtschaftsmodelle nach dem Prinzip von Cradle-to-cradle (C2C) sind 2050 zum Standard geworden. Giftstoffe wurden konsequent verbannt, Abfall ist zu einem Rohstoff geworden,
die Natur ist auf dem Weg der Regeneration: Das Kreislaufprinzip der Natur wurde als Vorbild für die Neuerfindung der modernen Welt zugrunde gelegt. Geschäftsmodelle, die
gesellschaftliche Mehrwerte liefern, erfahren im Jahr 2050 großen Zuspruch und werfen satte Renditen ab. Preise für Investitions- und Konsumgüter spiegeln echte Kosten wider,
inklusive der Folgekosten für die Umwelt und künftige Generationen. Es ist gelungen, bei politischen, gesellschaftlichen und unternehmerischen Entscheidungsprozessen das langfristige
Interesse aller wieder in den Vordergrund zu rücken, statt sich zu sehr im Status Quo und in Kurzfristbetrachtungen zu verlieren. Beschleuniger auf dem Weg war unerwarteterweise die
Künstliche Intelligenz, schließlich hat sie in eine immer komplexer werdende Welt mehr Transparenz gebracht, denn die Menschen und ihre Systeme waren schlichtweg an Grenzen gestoßen.
Als große Hilfe hat es sich beispielsweise erwiesen, dass die KI hilft, Menschen, Unternehmen und Initiativen zu entlarven, die rein egoistische und kurzfristig monetäre Ziele
verfolgten. Ehrliches und am Gemeinwohl orientiertes Verhalten war erkennbar für alle der bessere und lohnendere Weg.
Warum macht die Zukunft ein anderes Wirtschaften notwendig?
Unser Wirtschaftsmodell hat es bisher nicht geschafft, Wachstum von Natur- und Ressourcenverbrauch zu entkoppeln. Auf einem Planeten mit über 8 Mrd. Menschen muss es gelingen, nicht
nur "weniger schädlich" zu leben und zu wirtschaften, sondern Renaturierung und Rückgewinnung von Ressourcen positiv mit Wirtschaftswachstum zu koppeln. Das muss und wird gelingen,
weil die Alternative dazu nicht nur Menschenleben, sondern auch Wohlstand und Sicherheit kostet. Die Vergangenheit hat gezeigt, dass Menschen auf Entbehrungen und Perspektivlosigkeit
immer auf zwei Arten reagieren: Mit Flucht und Gewalt. Beides würde den globalen Norden in einen Abgrund reißen. Dem gegenüber steht eine positive und menschenbejahende Alternative
einer Zukunft, die sich nur mit einem grundlegend erneuerten Wirtschaftsmodell realisieren lässt und die wir alle selbst in der Hand haben.
Erzählen Sie uns bitte von einem Schlüsselerlebnis, das Ihre Weltanschauung verändert hat.
Ein zentrales Schlüsselerlebnis war für mich die Erkenntnis, dass Erben nicht glücklich macht, sondern eine erfüllende Arbeit. Mich hat das von dem Druck befreit, für nachfolgende
Generationen Vermögen aufbauen zu müssen. Stattdessen beschloss ich, heute und hier meinen Hebel als Unternehmer für einen Beitrag zu einer positiven Zukunft zu nutzen. Dass der
Schlüssel hierfür die Bewahrung eines intakten Planeten ist und die schrittweise wachsende Erkenntnis, dass ich dabei einen Beitrag leisten kann, wurde unter anderem durch die Fridays
4 Future Demonstrationen bei mir angestoßen.
Was sind die für Sie wichtigsten Parameter der Qualitativen Ökonomie?
Es gibt einen einzigen Parameter, der das gesamte Spiel verändern kann: Wenn es den Menschen gelingt, längere Betrachtungshorizonte für alle relevanten Bereiche unserer Gesellschaft
und Wirtschaft zu manifestieren, kann das heutige Niveau an Wohlstand und Lebensqualität dauerhaft angehoben werden.
Was sollten wir tun und was sollten wir lassen, um Qualitative Ökonomie zu schaffen?
Wir dürfen uns nicht von unserem limitierten Vorstellungsvermögen bremsen lassen, denn wir Menschen stellen uns Zukunft als lineare und logische Fortsetzung aus Vergangenheit und
Gegenwart vor. Wir blenden dabei aus, welche positiv gekoppelten Effekte entstehen können, wenn wir auf unsere Stärke und Innovationskraft vertrauen und die Chancen der Vernetzung
nutzen, um gute Ideen wachsen zu lassen. Es braucht ein positives Menschenbild und gegenseitiges Vertrauen. Teilweise ist zu beobachten, dass wir aufgehört haben, uns und unserem
gesunden Menschenverstand zu vertrauen - geglaubt wird nur noch, was über Zertifikate, Gutachten, Scoring-Modelle und wissenschaftliche Studien nachgewiesen werden kann. Dabei
vergessen wir, dass die wirklich großen Entwicklungssprünge der Menschen stets auf innere Überzeugungen und intuitive Einschätzungen von einzelnen Personen oder kleinen
Personengruppen zurückzuführen sind. Außerdem müssen wir verstehen lernen, dass es gemäß Michael Braungart nur eine Handvoll Möglichkeiten gibt, Menschen zu kontrollieren. Aber über
Millionen Möglichkeiten, sie zu inspirieren. Lasst uns beginnen, sie zu inspirieren.